toma Gastro setzt auf Sanierung in Eigenverwaltung

Betreiber von sechs Burger-King-Filialen stellt Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung

Die toma Gastro GmbH in Ellwangen hat heute beim Amtsgericht Aalen die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung beantragt. Grund für diesen Schritt waren Umsatzrückgänge aufgrund der Corona-Krise, die vor allem auch die Gastronomie stark beeinträchtigt. Damit fehlt die Liquidität, um ausstehende Forderungen zu begleichen. Mit dem Verfahren wollen Geschäftsführer Tobias Wolf und Markus Plötz zusammen mit den Gläubigern das Unternehmen sanieren und einen Neustart ermöglichen.

Bei der Sanierung in Eigenverwaltung kann die bestehende Unternehmensführung weiter agieren. Das Verfahren wird von einem vom Amtsgericht bestellten Sachwalter beaufsichtigt; in diesem Fall von Marcus Winkler von der Kanzlei BBL Bernsau Brockdorff in Stuttgart. Für die rechtliche Begleitung des Sanierungsprozesses ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenzrecht Tobias Humpf von der Kanzlei Prof .Baumann + Partner in Aalen/Dinkelsbühl verantwortlich.

Die toma Gastro GmbH ist in der Systemgastronomie tätig und betreibt im Franchisesystem mit der Marke Burger King sechs Restaurants entlang der Autobahnen A6 und A7. Die Standorte sind Regensburg, Himmelkron (bei Kulmbach), Schlüsselfeld (bei Bamberg), Herrieden (bei Ansbach), Schnaittach (bei Nürnberg) und Amberg.

Unerwartet ist der Umsatz im März um mehr als 50 Prozent eingebrochen. Die rasche Ausbreitung des Corona-Virus in Deutschland und Europa hat dramatische Auswirkungen auf das Gastgewerbe und die Wirtschaft insgesamt. Aufgrund der vom bayerischen Staatsministerium verhängten Ausgangssperre hat der Reiseverkehr auf den Autobahnen stark abgenommen; dementsprechend wenige Kunden konnten die Burger-King-Filialen an den Autobahnraststätten verzeichnen. Seit zwei Wochen sind die Restaurants geschlossen, und nur der DriveThru ist geöffnet.

„Wir halten toma Gastro für sanierungsfähig. Die Eigenverwaltung bietet den gerichtlichen Rahmen, um diesen Plan umzusetzen“, erklärt Rechtsanwalt Tobias Humpf von der Kanzlei Prof. Baumann + Partner. „Die Geschäftsführung wird zusammen mit Gläubigern und Banken die Sanierung fortsetzen, um das Unternehmen zukunftsfähig zu machen und nachhaltig neu aufzustellen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt können wir noch keine Aussagen darüber machen, ob alle Arbeitsplätze erhalten bleiben.“

„Die Gastronomie leidet wie kaum eine andere Branche unter der Coronakrise. Der starke und unerwartete Umsatzeinbruch zum einen, hohe Miet- und Personalkosten zum anderen brachten uns in diese Schieflage. Wir wollen alles tun, um das Unternehmen zu retten und wieder auf eine feste Grundlage zu stellen“, sagt Geschäftsführer Tobias Wolf.

Die beiden Geschäftsführer, Tobias Wolf und Markus Plötz, informierten die rund 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Montagnachmittag über den Stand der Dinge und das geplante Vorgehen.

Über die toma Gastro GmbH
Die toma Gastro GmbH ist in der Systemgastronomie tätig und betreibt im Franchisesystem mit der Marke Burger King sechs Restaurants entlang der Autobahnen A6 und A7. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Ellwangen und beschäftigt aktuell rund 150 Mitarbeiter. Geschäftsführer der toma Gastro GmbH sind Tobias Wolf und Markus Plötz.

Über die Insolvenz in Eigenverwaltung
Das Insolvenzverfahren kann – anstelle des vom Amtsgericht bestellten Insolvenzverwalters – auch in Eigenverwaltung (§ 270 InsO ff.) geführt werden. Hierbei bleiben der oder die Geschäftsführer in der Verantwortung für das Unternehmen, überwacht durch einen vom Gericht bestellten Sachwalter. Die Eigenverwaltung bietet sich an, wenn das Unternehmen den Antrag auf ein Insolvenzverfahren frühzeitig, z. B. bei nur drohender Zahlungsunfähigkeit, stellt und bereits in einem frühen Verfahrensstadium einen Insolvenzplan mit dem Ziel der Sanierung vorlegt – wie es bei toma Gastro der Fall ist.

In Krisenzeiten: Die Eigenverwaltung als Sanierungsinstrument

In Zeiten, in denen externe Ereignisse – wie aktuell die Corona-Krise – die Wirtschaft in einem massiven Ausmaß negativ beeinflussen, sehen sich zahlreiche Unternehmer vor der Gefahr in tief rote Zahlen abzurutschen oder gar dem Finanzdruck nicht standhalten zu können und in die Insolvenzreife zu geraten. Wenn es Ihnen auch so geht, drängt die Zeit auf ein schnelles Handeln. Eine besondere Chance für den Erhalt Ihres Unternehmens bietet hierbei das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Dieses Sanierungsinstrument der Insolvenzordnung gibt Ihnen als Unternehmer die Möglichkeit, Ihr Unternehmen selbst durch die Krise zu führen, ohne die Zügel vollständig aus der Hand geben zu müssen. Bei diesem Sonderinsolvenzverfahren liegt der Sanierungsgedanke im Vordergrund, wodurch das Stigma der Regelinsolvenz vom Scheitern des Unternehmens oder gar dessen Zerschlagung verdrängt wird.

Der wesentliche Kernaspekt der Eigenverwaltung ist, dass die bisherige Geschäftsführung während der gesamten Insolvenz bestehen bleibt und die Sanierungsmaßnahmen eigenverantwortlich durchführt. Unterstützt werden Sie als Geschäftsführer hierbei durch erfahrene Sanierungsberater, die Ihnen neben der Erstellung eines ganzheitlichen Sanierungsplans auch bei der Einreichung gerichtlich geforderter Dokumente zur Seite stehen. Bei der Durchführung des Verfahrens werden die von Ihnen getroffenen Maßnahmen durch einen gerichtlich bestellten Sachwalter überwacht. Dies dient zum einen der Interessenswahrung der Gläubiger und stärkt zudem das dringend benötigte Vertrauen der übrigen Beteiligten in die Sanierungsmaßnahmen.

Die wesentlichen Vorteile im Überblick:

  • Sie bleiben als Geschäftsführer im Amt und verlieren keine Weisungsbefugnis. Hierdurch bleiben das gesamte Know-how über die Branche, die Produkte sowie sämtliche Erfahrungswerte des Unternehmens erhalten. Denn Sie als Unternehmer kennen Ihr Unternehmen am besten!
  • Die gleichbleibende Führungsebene schafft Vertrauen bei Ihren Geschäftspartnern, so können langjährige Synergieeffekte weiterhin genutzt werden.
  • Die Insolvenz bietet Ihnen zusätzliche Möglichkeiten weitere Liquidität zu generieren. Diese sind u. a. der Anspruch auf Insolvenzgeld für max. 3 Monate, möglicher Einbehalt von Sozialabgaben und Steuern sowie teilweise Einsparungen bei Zahlungen aufgrund bestimmter Dauerschuldverhältnissen, z. B. Gewerberaummiete. Zudem haben Sie durch die Insolvenz ein Sonderkündigungsrecht für unwirtschaftliche Verträge.

Voraussetzungen der Eigenverwaltung (§ 270 InsO):

Das Eigenverwaltungsverfahren wird nur auf Ihren Antrag als gesetzlicher Vertreter des Unternehmens bei Vorliegen eines Insolvenzgrundes (drohende Zahlungsunfähigkeit, Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) eröffnet. Hierbei dürfen keine Umstände bekannt sein, die darauf schließen lassen, dass die Anordnung der Eigenverwaltung zu Nachteilen für Ihre Gläubiger führen wird. Vor der Entscheidung des Insolvenzgerichts kann der vorläufige Gläubigerausschuss sich zur Anordnung der Eigenverwaltung äußern. Wird der Eigenverwaltungsantrag von einem einstimmigen Beschluss des vorläufigen Gläubigerausschusses unterstützt, so gilt die Anordnung nicht als nachteilig für die Gläubiger. Um eventuell vorhandene Bedenken im Vorfeld zu entkräften, ist es empfehlenswert, bereits vor Antragstellung mit den wesentlichen Gläubigern das weitere Vorhaben zu besprechen sowie bereits frühzeitig einen Sanierungsberater mit an Bord zu holen. Zudem weisen wir darauf hin, dass die Antragstellung zu einem Zeitpunkt erfolgen sollte, in dem Ihnen die Zahlungsunfähigkeit lediglich droht. Denn es ist durchaus denkbar, dass der Gläubigerausschuss im Fall einer bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit aufgrund des Vertrauensverlustes über das Eigenverwaltungsverfahren ablehnend entscheiden wird.

Ihre Aufgaben im Eigenverwaltungsverfahren:

Neben der regelmäßigen Geschäftsführertätigkeit obliegt es Ihnen mit Hilfe Ihres Sanierungsberaters diese insolvenzspezifischen Aufgaben zu übernehmen:

  • Korrespondenz mit dem Insolvenzgericht, insbesondere regelmäßige Berichterstattung
  • Erstellung von Masse- und Gläubigerverzeichnis sowie der Vermögensübersicht
  • Verwertung der Insolvenzmasse

Grundsätzlich sind Sie bei der Ausübung Ihrer Tätigkeit in Ihren Entscheidungen weitestgehend frei und haben lediglich insolvenzspezifischen Vorgaben zu beachten. Nur bei besonderen Rechtsgeschäften, die nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören, ist vorher die Zustimmung des Sachwalters einzuholen, sog. Zustimmungsvorbehalt (§ 277 InsO). Es ist dennoch ratsam, den Sachwalter im Vorfeld über den von Ihnen geplanten Kurs zu unterrichten und im Einvernehmen beider Seiten zu agieren.

Der Sachwalter

Der gerichtlich bestellte Sachwalter wird während der Dauer des Verfahrens die Geschäftsführung, insbesondere den Zahlungsverkehr überwachen sowie das Insolvenzgericht über das Verfahren unterrichten. Zudem obliegt es ihm die Insolvenztabelle zu führen sowie bestimmte Ansprüche für die Insolvenzmasse geltend zu machen (§§ 92 f InsO, §§ 129 ff InsO).

Fazit

Wir halten die Eigenverwaltung für ein starkes Sanierungsinstrument, dass gerade für Unternehmen, die vorwiegend aufgrund der Corona-Krise in Schieflage geraten sind, eine große Chance für dessen Erhalt bietet.

Wir helfen Ihnen die Weichen für eine erfolgreiche Sanierung Ihres Unternehmens zu stellen und beraten Sie gerne rund um das Thema Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Für weitere Informationen kontaktieren Sie unser Insolvenzteam am Standort Aalen unter der Telefonnummer 07361 / 78004-200 oder per Email unter t.humpf@bp-tax.de.

Aktuelles zum Corona-Insolvenz-Aussetzungsgesetz

Ist eine Firma überschuldet und kann ihre Zahlungsverpflichtungen und Kredite in absehbarer Zeit nicht bedienen, ist der Geschäftsführer verpflichtet, innerhalb von drei Wochen den Antrag auf Insolvenz beim zuständigen Amtsgericht einzureichen.

Zur Unterstützung der Wirtschaft bei der Bewältigung des Corona-Virus hat die Bundesregierung nun eine Reihe von Maßnahmen auf den Weg gebracht, insbesondere eine Aussetzung der Insolvenzantragspflicht.

Voraussetzung für die Aussetzung soll sein, dass der Insolvenzgrund tatsächlich auf den Auswirkungen der Corona-Epidemie beruht und dass aufgrund einer Beantragung öffentlicher Hilfen bzw. ernsthafter Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen eines Antragspflichtigen begründete Aussichten auf Sanierung bestehen.

Hier ein kurzer Überblick:

Geplante gesetzliche Regelung mit vorliegendem Gesetzesentwurf zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht infolge der Ausbreitung der Infektionen mit dem SARS-CoV-2 (Covid-19-Pandemie), welche voraussichtlich diese Woche in Kraft treten soll:

Zentrale Vorschrift des Artikels 1 § 1 COVInsAG:

Die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags nach § 15a InsO und nach § 42 Absatz 2 BGB ist bis zum 30. September 2020 ausgesetzt. Dies gilt nicht, wenn die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der Ausbreitung des SARS-CoV-2 (COVID-19-Pandemie) beruht oder wenn keine Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. War der Schuldner am 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig, wird vermutet, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht.

Es soll vermieden werden, dass betroffene Unternehmen allein deshalb einen Insolvenzantrag stellen müssen, da die Bearbeitung von Anträgen auf öffentliche Hilfen bzw. Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen in der außergewöhnlichen aktuellen Lage nicht innerhalb der dreiwöchigen Insolvenzantragspflicht abgeschlossen werden können. Aus diesem Grund soll daher durch eine gesetzliche Regelung für einen Zeitraum bis zum 30.09.2020 die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt werden.

Die Voraussetzung ist zunächst, dass der Insolvenzgrund tatsächlich auf den Auswirkungen der Corona-Krise beruht. Eine Beweiserleichterung ist geplant, um Unsicherheiten zu beseitigen.

Sofern die Insolvenzreife am oder nach dem 13.03.2020 eingetreten, wird vermutet, dass sie auf den Auswirkungen der Corona-Krise basiert. Für Unternehmen, bei denen die Insolvenzreife bereits vorher bestand, bleibt es bei der vollen Beweislast, dass die Auswirkungen der Corona-Krise kausal für den Insolvenzgrund sind.

Eine weitere Voraussetzung ist, dass der durch die Corona-Krise ausgelöste Insolvenzgrund durch Beantragung öffentlicher Hilfen bzw. ernsthafte Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen voraussichtlich beseitigt werden kann.

Die Aussetzung gilt ab Wirksamwerden des Gesetztes bis zum 30.09.2020. Geplant ist eine Verordnungsermächtigung für das BMJV für eine Verlängerung der Maßnahme bis höchstens zum 31.03.2021.

Fremdanträge:

Von Gläubigern werden die Insolvenzanträge ebenfalls durch die Änderungen eingeschränkt. Für Gläubigeranträge, welche innerhalb von drei Monaten ab Inkrafttreten des Gesetzes (voraussichtlich diese Woche) gestellt werden, wird vorausgesetzt, dass der Insolvenzgrund bereits am 1. März 2020 vorlag.

Geschäftsführerhaftung:

Die Zahlungsverbote, nach denen der Geschäftsführer für Zahlungen nach dem Eintritt der Insolvenzreife persönlich haftet, sind nicht grundsätzlich suspendiert. Liegt jedoch die Voraussetzung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vor, werden auch die Zahlungsverbote gelockert. Zahlungen, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, insbesondere solche Zahlungen, die der Aufrechterhaltung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes oder der Umsetzung eines Sanierungskonzepts dienen, gelten dann als mit der Sorgfalt einen ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmann vereinbar und lösen demnach keine Haftung aus.

Anfechtung Gläubiger:

Das Risiko einer künftigen Insolvenzanfechtung wird ebenfalls weitgehend ausgeschlossen, sofern die Voraussetzungen der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vorliegen.

Die bis zum 30. September 2023 erfolgende Rückgewähr eines im Aussetzungszeitraum gewährten neuen Kredits sowie die im Aussetzungszeitraum erfolgte Bestellung von Sicherheiten zur Absicherung solcher Kredite gelten als nicht gläubigerbenachteiligend und können nicht angefochten werden. Kreditgewährung und Besicherung sind dann auch nicht als sittenwidrig anzusehen.

Kongruente Rechtshandlungen wären in einem späteren Insolvenzverfahren nicht anfechtbar; es sei denn der Anfechtungsgegner wusste, dass die Sanierungs- und Finanzierungsbemühungen des Schuldners nicht zur Beseitigung einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit geeignet gewesen waren. Umfasst sind auch Leistungen an Erfüllung statt oder erfüllungshalber, Zahlungen durch einen Dritten auf Anweisung des Schuldners, die Bestellung einer anderen als der ursprünglich vereinbarten Sicherheit, wenn diese nicht werthaltiger ist sowie die Verkürzung von Zahlungszielen und die Gewährung von Zahlungserleichterungen.

Selbst die Rückführung von Gesellschafterdarlehen genießt Schutz vor späterer Anfechtung in Insolvenzverfahren, die bis zum 30. September 2023 beantragt wurden.

Änderungen Gesellschaftsrecht:

In einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) können Gesellschafterbeschlusse in Textform oder durch schriftliche Stimmabgabe gefasst werden.

Aktiengesellschaften, auch KGaA und SE erhalten nach der Neuregelung Erleichterungen bei der Durchführung der Hauptversammlung. Der Vorstand kann nun mit Zustimmung des Aufsichtsrats auch ohne Ermächtigung durch Satzung oder Geschäftsordnung Entscheidungen über die Teilnahme der Aktionäre an der Hauptversammlung im Wege elektronischer Kommunikation, die Stimmabgabe im Wege elektronischer Kommunikation und die Zulassung der Bild- und Tonübertragung treffen. Mit Zustimmung des Aufsichtsrats kann der Vorstand auch entscheiden, dass eine virtuelle Hauptversammlung abgehalten wird. Ferner kann der Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats entscheiden, die Hauptversammlung spätestens am 21. Tag vor dem Tag der Versammlung einzuberufen.

Der Vorstand kann auch nun mit Zustimmung des Aufsichtsrats selbst ohne Satzungsermächtigung entscheiden, einen Abschlag auf den Bilanzgewinn an die Aktionäre zu zahlen, oder dass die Hauptversammlung innerhalb des Geschäftsjahres stattfindet.

Die Beschlussanfechtung dieser Beschlüsse ist, außer bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit, weitgehend ausgeschlossen.

Zu guter Letzt:

Die angekündigten und umgesetzten Änderungen bezüglich der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und den weiteren oben dargestellten Punkten sind notwendig. Somit haben die betroffenen Unternehmen Zeit, um eine geeignete Sanierungslösung zu finden. Sanierungsmaßnahmen (z. B. operative Maßnahmen, Förderdarlehen oder Staatshilfen) müssen individuell erarbeitet werden. Jegliches betroffene Unternehmen wird nun ein Sanierungskonzept ausarbeiten und dieses bis spätestens 30. September 2020 finalisieren müssen. Die Maßnahmen können aber verlängert werden.

Es wird geraten, sich von einem Wirtschaftsprüfer bescheinigen zu lassen, dass sich das Unternehmen wirklich aufgrund der Corona-Krise in Schieflage befindet, da auch aktuelle Erleichterungen der verspäteten Steuerzahlungen einhergehen.

Behinderungsanzeige für Bauunternehmen wegen Corona

Aufgrund der aktuellen Situation im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie, sind zahlreiche Unternehmen erheblichen Unsicherheitsfaktoren ausgesetzt. Hierunter fällt auch die Baubranche, für die es die Möglichkeit einer Behinderungsanzeige gibt.

Hierfür bedarf es jedoch diverser Voraussetzungen:

1. Vorliegen höherer Gewalt oder unabwendbare Umstände

Ob im vorliegenden Fall höhere Gewalt oder unabwendbare Umstände vorliegen, regelt bei Verträgen, denen die VOB/B zugrunde liegt, § 6 Abs. 2 Nr. 1 c) VOB/B.

Unter „höhere Gewalt“ versteht die Rechtsprechung ein von außen auf den Betrieb einwirkendes außergewöhnliches Ereignis, das unvorhersehbar ist, selbst bei Anwendung äußere Sorgfalt ohne Gefährdung des wirtschaftlichen Erfolgs des Unternehmens nicht abgewendet werden kann und auch nicht wegen seiner Häufigkeit von dem Unternehmer in Rechnung zu stellen und mit in Kauf zu nehmen ist.

Eine Pandemie, die nicht vorhersehbar gewesen ist, ist als solche unter dem Begriff der höheren Gewalt zu fassen.

Unter den Begriff „unabwendbare Umstände“ sind solche Ereignisse zu fassen, die nach menschlicher Einsicht und Erfahrung in dem Sinne unvorhersehbar sind, sodass die Auswirkungen trotz wirtschaftlich erträglicher Mittel durch die äußerste nach der Sachlage zu erwartende Sorgfalt nicht verhütbar oder in seinen Wirkungen bis auf ein erträgliches Maß unschädlich zu machen sind.

Die Corona-Pandemie dürfte jedenfalls für Verträge, bei denen der Vertragsschluss bis Ende Januar 2020 (Ausrufen der internationalen Gesundheitsnotlage durch die WHO am 30.01.2020) erfolgt ist, ein solches unvorhersehbares, außergewöhnliches Ereignis in diesem Sinne darstellen.

2. Ausmaß der Konsequenzen

Eine Verlängerung der Ausführungsfristen kann nur begründet werden, wenn weitgehende Ausfälle und Quarantänemaßnahmen vorliegen, die sich auf einen Großteil der Belegschaft auswirken und mit denen der Auftragnehmer (Bauunternehmen) nicht zu rechnen hatte.

Entsprechendes gilt für Lieferengpässe. Es muss nachgewiesen werden, dass aufgrund der Corona-Pandemie die Beschaffung notwendiger Materialien tatsächlich verhindert oder erschwert wird.

3. Schadensersatzforderungen

Eine etwaige Entschädigung des Bauunternehmers bzw. die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs wird am Verschulden des Auftraggebers scheitern. Dies gilt auch für etwaige Ansprüche des Auftraggebers gegen den Bauunternehmer.

4. Kündigungsmöglichkeiten

Die Kündigungsmöglichkeit aufgrund der bestehenden Corona-Pandemie kann für beide Parteien gem. § 6 Abs. 7 S. 1 VOB/B erst dann bejaht werden, wenn die Unterbrechung der Bauausführung länger als drei Monate andauert.

Im Falle des Vorliegens höherer Gewalt und mangels Verschulden, dürften Entschädigung-oder Schadensersatzansprüche nicht zu begründen sein, wenn nicht neben der Corona-Pandemie weitergehende Umstände hinzutreten, die auf ein Verschulden einer Partei schließen lässt.

Ob im Einzelfall eine Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund besteht, muss individuell geprüft werden. Voreilige Kündigungen sollten jedoch aufgrund der finanziellen Folgen zwingend vermieden werden.

5. Umgang bei Neuverträgen

Die bei höherer Gewalt und unabwendbare Umstände vorauszusetzende Unvorhersehbarkeit dürfe inzwischen nicht mehr gegeben sein.

Es sollten daher zur Vermeidung von Streitigkeiten bei aktuell abzuschließenden Verträgen gesonderte Regelungen zu Ausführungsfristen, etwaigen Preissteigerungen oder ähnlichem getroffen werden.