Die rasante Entwicklung der Blockchain-Technologie und die damit verbundenen Kryptowerte haben das Finanzwesen, den Rechtsmarkt und die unternehmerische Praxis grundlegend verändert. Unternehmen, Anleger und Berater sehen sich Herausforderungen im Umgang mit digitalen Vermögenswerten und elektronischen Wertpapieren gegenüber. Der rechtliche Rahmen wurde zuletzt durch EU- und Bundesgesetzgeber maßgeblich reformiert und konkretisiert. Anschließend erläutern wir die wesentlichen Grundsätze der aktuellen Rechtslage und zeigen praxisrelevante Risiken und Chancen auf.
Was sind Kryptowerte? Rechtliche und technische Grundlagen
Kryptowerte sind digitale Darstellungen von Werten oder Rechten, die mittels Blockchain oder vergleichbarer Distributed-Ledger-Technologien elektronisch gespeichert und übertragen werden. Beispiele sind Bitcoin, Ethereum, aber auch sog. Security- und Utility-Token. Sie unterscheiden sich danach etwa, ob sie als Zahlungsmittel eingesetzt (Currency Token) oder mit Wertpapier-/Kapitalmarktcharakter ausgegeben werden (Security Token)Brackmann _Schm… +2.
Wichtig ist die Trennung technischer und rechtlicher Zuordnung: Eigentum am Kryptowert wird nicht wie bei klassischen Sachen im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs übertragen, sondern durch Zuordnung von privaten zu öffentlichen Schlüsseln („Wallets“). Der Gesetzgeber hat Kryptowerte als „sonstiges Vermögensrecht“ und nicht als Sache eingestuft, weshalb sie der Pfändung und Zwangsvollstreckung sowie der gesetzlichen Übertragbarkeit unterliegenBrackmann _Schm… +2.
Insolvenzschutz für Kryptoinhaber
Mit dem Inkrafttreten des Kryptomarktaufsichtsgesetzes (KMAG) und der EU-MiCA-Verordnung (Markets in Crypto Assets) gelten für die Verwahrung von Kryptowerten strengere Vorgaben:
- Kryptowerte, die Kunden bei einem Verwahrinstitut hinterlegen, gelten im Insolvenzfall gesetzlich als Eigentum der Kunden – eine sog. „Zugehörigkeitsfiktion“. Die Kryptowerte fallen damit nicht in die Insolvenzmasse des Instituts und können im Wege der Aussonderung vom Kunden herausverlangt werdenBrackmann _Schm… +2.
- Auch bei gemeinschaftlicher (Omnibus-) Verwahrung müssen die Anteile jederzeit zuordbar sein. Der Kunde trägt im Insolvenzverfahren die Kosten der Aussonderung, es sei denn, ihm werden unzumutbare Bedingungen angebotenBrackmann _Schm… +4.
Die regulatorische Trennung (KMAG vs. KWG) sorgt für zusätzliche Klarheit, gerade im Hinblick auf sog. Stablecoins und tokenisierte WertrechteBrackmann _Schm… +4.
Steuerliche Behandlung von Kryptogeschäften
Für die steuerliche Einordnung gilt:
- Gewinne aus dem privaten Handel mit Kryptowährungen sind als Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 EStG steuerpflichtig, wenn zwischen Anschaffung und Veräußerung weniger als ein Jahr liegtBrackmann _Schm… +2.
- Kryptowerte sind als Wirtschaftsgüter anerkannt. Diese Linie wurde höchstrichterlich bestätigt (BFH, Urteil vom 14.02.2023; FG Baden-Württemberg und FG Köln)Brackmann _Schm… +3.
- Umsatzsteuerlich werden Kryptotransaktionen dem Umtausch gesetzlicher Zahlungsmittel gleichgestellt und sind daher in den meisten Fällen steuerbefreitBrackmann _Schm… +3.
Die neuesten BMF-Schreiben und spezialgesetzlichen Regelungen (zB Kryptowerte-Steuertransparenzgesetz, KStTG) erweitern Dokumentations- und Mitteilungspflichten und verlangen von Dienstleistern wie von Anlegern eine vollständige und lückenlose Erfassung aller TransaktionenBrackmann _Schm… +2.
Strafrechtliche Risiken und Compliance
Kryptowerte sind prädestiniert für bestimmte Straftatbestände, etwa Geldwäsche, Bankrott, Steuerhinterziehung oder Computerbetrug. Besonders relevant sind:
- Geldwäsche (§ 261 StGB) – Kryptowerte gelten als taugliche Tatobjekte. Die Anonymität und Verschleierungsoptionen der Blockchain-Technologie erhöhen das Ermittlungsrisiko und die SorgfaltspflichtenBrackmann _Schm… +2.
- Insolvenzstraftaten (§ 283 StGB) betreffen auch Kryptowerte als Bestandteile der Insolvenzmasse. Werden Vermögenswerte verschleiert oder beiseite geschafft, drohen strafrechtliche KonsequenzenBrackmann _Schm… +2.
- Die Identifizierung und Herausgabe technischer Schlüssel (Private Keys) ist essenziell, weil nur hierüber auf die Kryptowerte tatsächlich zugegriffen werden kann und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durchsetzbar sind; bei Mitwirkungsversagen drohen Sanktionen bis hin zu Haft und Versagung der RestschuldbefreiungBrackmann _Schm… +2.
Fazit und Handlungsbedarf
Kryptowerte und elektronische Wertpapiere bieten sowohl Innovationspotenzial als auch rechtliche Herausforderungen. Investoren und Unternehmen sollten – nicht zuletzt aufgrund der dynamischen Regulierung – konsequent auf vollständige Dokumentation, vertragliche Klarheit und kompetente Rechtsberatung setzen. Die Ausgestaltung der Verwahrverhältnisse, steuerliche Transparenz wie auch die präventive Beachtung strafrechtlicher Risiken sind aus Sicht der aktuellen Rechtsprechung und Regulierungspflicht.
Quellen und weiterführende Informationen
- OLG Frankfurt, Urteil v. 19.4.2023 – 13 U 82/22Brackmann _Schm…
- BAG, Urteil v. 16.4.2025 – 10 AZR 80/24Brackmann _Schm…
- BFH, Urteil v. 14.2.2023 – IX R 3/22Brackmann _Schm…
- Kryptomarktaufsichtsgesetz (KMAG) und MiCA-VO (EU) 2023/1114Brackmann _Schm… +1
- BMF, Schreiben v. 6.3.2025Brackmann _Schm… +1
- Weitere Literaturhinweise auf Anfrage.
Für Rückfragen und individuelle Beratung stehen wir Ihnen gerne persönlich zur Verfügung.
Autor: Tobias Humpf, Rechtsanwalt, Prof. Baumann und Partner